America for the Americans - Europe for the Europeans
ergo: US-ARMY GO HOME!



US-Army go Home!

Eine Ostermarschgeschichte


Es war im Frühjahr 2001, als die Welt noch in Ordnung schien, es aber nicht war. Hanna, meine Frau, sagte mir, sie wolle zu Ostern nach Stuttgart fahren, um im Anschluss an den Ostermarsch an der geplanten Blockade der US-amerikanischen Kommandozentrale EUCOM teilzunehmen. Von dort aus führten USA und NATO Krieg, dort sei die Einsatzzentrale für die in Europa stationierten Atomwaffen der USA.
Sie fragte mich, ob ich nicht mitkommen wolle, um für die Abschaffung der Atomwaffen zu demonstrieren. Mir war zu diesem Zeitpunkt der ausschließlich moralische Protest gegen die Lagerung und Bereithaltung von Atomwaffen fragwürdig geworden. Sollte ich mich nicht besser gegen den aktuellen Einsatz von Clusterbomben und anderen militärischen Scheußlichkeiten einsetzen? Aber das würde auf die Bitte hinauslaufen: Liebe amerikanische Freunde, bleibt beim Bombing human!
Ich sagte meine Teilnahme schließlich unter der Bedingung zu, dass Hanna und ihre Mitstreiter eine politische Argumentation akzeptieren würden, die auf die Aufforderung hinauslief: "Amerikaner, raus aus Deutschland, raus aus Europa!" Amerikanische Atomwaffen kriegt man nur weg, wenn ihre Eigentümer verschwinden, das war meine Überlegung. Erst recht gilt diese Forderung, wenn man die Maxime vertritt: "Kein Krieg von deutschem Boden aus!" Man stimmte trotz großem Wenn und Aber zu, und so entwarf ich mein Transparent zur Demo vor dem EUCOM, und Hanna malte die Buchstaben mit großer Sorgfalt.
Man muss an die Traditionen der US-Amerikaner anknüpfen, muss sie auf das festlegen, was sie für selbstverständlich halten. Jeder halbwegs gebildete US-Bürger kennt den Slogan "America for the Americans! Amerika den Amerikanern!" Meistens versteht er den zwar nationalistisch im Sinne von "Amerika den US-Amerikanern!", was den Lateinamerikanern im "Hinterhaus" der USA der verhasste Ausdruck des Yankee-Imperialismus ist.
Die Gebildeten unter den US-Amerikanern aber wissen genau, dass dieser Slogan die popularisierte Form der Monroe-Doktrin aus dem Jahre 1823 ist, die für das Selbstverständnis ihrer politischen Klasse essentiell ist. An diese außenpolitische Grundsatzerklärung suchte ich anzuknüpfen.
US-Präsident James Monroe gab damals in einer Rede vor dem Kongress den europäischen Mächten zu verstehen, dass die Kolonisierung auf dem amerikanischen Kontinent zu Ende sei: Keine europäische Einmischung mehr in amerikanische Angelegenheiten! Was den Amerikanern recht ist, ist uns Europäern billig.
Was liegt nach dem Ende des Kalten Krieges näher, als das Kapitel der US-amerikanischen Militärpräsenz in Europa zu beschließen und Europa den Europäern als politische Aufgabe zu überantworten? Die außenpolitische Konsequenz ist klar: US-Army go home! Als ich das Transparent an Ostern 2001 am Stuttgarter EUCOM zeigte, fand ich bei den Bedenkenträgern der Friedensbewegung so gut wie keine Zustimmung. Ich stand nicht nur meteorologisch im Regen. Das ist ja viel zu missverständlich! Bedeutet das nicht, dass wir eine europäische Armee fordern? Nein, keineswegs!

Heute, beim Ostermarsch 2003 in Düsseldorf, hat die Aussage des Transparents einen ganz anderen Stellenwert. Die USA haben sich über Völkerrecht, UNO und NATO hinweggesetzt und ihren "Befreiungskrieg" fürs irakische Volk und Öl geführt. Sie haben es getan mit Hilfe ihrer zahlreichen Militäreinrichtungen in Deutschland und ganz Europa, die noch immer von dem maroden Zwangsbündnis der NATO garantiert werden. Und unsere Regierungsopportunisten haben zugestimmt.
Nun ist es endgültig Zeit, klare Konsequenzen zu fordern und dafür auf die Straße zu gehen. Wir Demokraten sollten europäische Politik nicht mehr den Winkelzügen der Regierungen und den Machenschaften der Brüsseler Bürokraten überlassen. Es ist Zeit für eine neue Bewegung europäischer Selbstbestimmung, für ein Europa von unten, das solidarisch ist mit dem Protest der Lateinamerikaner, der Afrikaner und der asiatischen Völker gegen die Bevormundung durch US-Administration und US-dominierte Institutionen der turbokapitalistischen Globalisierung.
Das Nein zum Krieg und die Kritik des Neoliberalismus müssen ergänzt werden durch das Ja zur demokratischen Reform Europas und zu einer europäisch inspirierten Kultur des Friedens.

Helmut Jaskolski | Kurt-Schumacher-Str. 30 | 50374 Erftstadt
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